Veranstaltung: | LDK Oldenburg 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Sonstige Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Postwachstum & Gemeinwohl (dort beschlossen am: 23.02.2024) |
Status: | Zurückgezogen |
Verfahrensvorschlag: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 23.03.2024, 18:07 |
wA4: KOMMUNALE FINANZEN ÖKOLOGISIEREN: ANREIZE FÜR FLÄCHENVERBRAUCH ABSCHAFFEN
Antragstext
Kommunen haben aktuell einen finanzpolitischen Anreiz, weitere Flächen für Wohn-
oder Gewerbegebiete auszuweisen. Denn mehr Einwohner*innen und mehr
Firmenansiedlungen bedeuten mehr Einnahmen.
Diesem Anreiz wollen wir entgegenwirken, indem etwa ein reduzierter
Flächenverbrauch, Entsiegelung oder das Pflanzen von Bäumen berücksichtigt und
belohnt werden, zum Beispiel im kommunalen Finanzausgleich oder mit anderen
geeigneten Instrumenten.
Begründung
Der Flächenverbrauch schreitet voran. Im Mittel der Jahre 2018 bis 2021 wurden in Niedersachsen täglich rund 6,3 Hektar als Verkehrs- und Siedlungsflächen ausgewiesen.
Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, unseren Flächenverbrauch pro Tag bis zum Jahr 2030 auf maximal 4 Hektar zu begrenzen, ab 2030 höchstens 3 Hektar zuzulassen und ab dem Jahr 2050 einen Flächenverbrauch von Netto-Null zu erreichen. Bisher ist allerdings offen, wie diese Ziele erreicht werden sollen.
Doch selbst wenn diese Ziele erreicht würden, würden wir allein in Niedersachsen noch über 33.600 ha wertvoller Grünfläche verlieren. Zum Vergleich: Das ist mehr als 1,6 mal die Fläche unserer Hauptstadt Hannover.
Ein Grund für den steigenden Flächenverbrauch ist der Wunsch nach immer mehr Wohnraum. In Deutschland haben wir im Durchschnitt aktuell rund 47,7 Quadratmeter Wohnfläche pro Person. Im Jahr 1991 waren es nur 34,9 Quadratmeter, das sind 30 Prozent weniger. Folgen sind ein höherer Gesamtenergieverbrauch und steigende Kosten für Wohnraum. Zudem bauen wir nicht in die Höhe, sondern in die Breite. Dafür muss es auch mehr Straßen geben und es wird mehr Auto gefahren.
Eine Schlüsselrolle in der Ausgestaltung und damit beim Verbrauch von Fläche haben die Kommunen. Damit sie diese Reduktionsziele mittragen, braucht es einen Anreiz in der Kommunalfinanzierung.
Viele Kommunen benötigen eine Steigerung des Steueraufkommens und schaffen deshalb immer wieder neue Wohn- und Gewerbegebiete. Selbst Kommunen, die das Problem verstehen, können sich dieser Logik kaum entziehen. Daher braucht es eine Vergütung der ökologischen Leistungen der Kommunen, um den Teufelskreis des Flächenverbrauchs zu durchbrechen: Mehr Einwohner*innen und mehr Gewerbe erfordern mehr Infrastruktur, für die Geld benötigt wird, das dann wieder daraus gewonnen wird, dass neue Gebiete ausgewiesen werden, damit das Realsteueraufkommen steigt, was aber dazu führt, dass sich mehr Einwohner*innen und mehr Betriebe ansiedeln.
Um Bauen und Sanierung im Bestand zu fördern und um klimafreundliche Mobilität als integralen Bestandteil einer Quartiersplanung zu verwirklichen, novelliert die rot-grüne Landesregierung bereits die Niedersächsische Bauordnung. Das ermöglicht es den Kommunen, innovative Konzepte für bezahlbares Wohnen zu schaffen, ohne Klimaschutz und Soziales gegeneinander auszuspielen. Ein guter Schritt in die richtige Richtung. Aber es muss noch mehr getan werden.
Für Firmen ist es derzeit bei Erweiterungsbedarf einfacher, auf einer unbebauten Fläche ein neues Gebäude zu bauen. Das geht meist schneller und ist günstiger, als ein bestehendes Gebäude zu erweitern oder abzureißen. Aber auch hier muss umgedacht werden. Die Vergrößerung muss als Nachverdichtung oder in die Höhe erfolgen. Bestehende Industriebrachen müssen wieder baubereit hergestellt werden. Solche Maßnahmen führen zwar zu höheren Kosten auf Seiten der Betriebe, sind jedoch unumgänglich, um die Flächenreduktionsziele zu erreichen. Zudem senken sie die externalisierten Kosten des Gewerbes für die Allgemeinheit, denn weniger Flächennutzung erhöht die Chancen, dem Artensterben und der Klimakatastrophe entgegenzuwirken.
Wir regen deshalb an, beispielsweise im kommunalen Finanzausgleich, eine ökologische Komponente in die kommunale Finanzierung zu integrieren. Minderungen beim Flächenverbrauch sowie andere ökologische Messwerte sollen berücksichtigt werden (z.B. Anteil der Bewaldung und der Naturschutzgebiete, Entsiegelung usw.). Sollte dies nicht machbar sein, braucht es zumindest positive Anreize, etwa über die EFRE-Mittel und/oder andere passende Fördertöpfe.
So werden Kommunen motiviert, Lücken und Leerstände in bereits ausgewiesenen Flächen auszuschöpfen. Ausnahmen soll es nur für Vorhaben geben, bei denen das öffentliche Interesse überwiegt, wie etwa bei Projekten im Rahmen der Energie- und Verkehrswende.